Mediziner skeptischEin Ärztehaus für Bergneustadt rückt in weite Ferne

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Blick auf Wegweiser (Physikalische Therapie, Handchirurgie, MVZ Chirurgie, MVZ Orthopädie) im Marienhospital Ankum-Bersenbrück.

Mehrere Fachgebiete könnte ein Ärztehaus unter einem Dach vereinen. In Bergneustadt fehlt es bislang aber an Medizinern, die bei einem solchen Modell mitmachen möchten.

Ein Arbeitskreis des Bergneustädter Stadtrates sollte untersuchen, wie ein Ärztehaus realisiert werden kann. Nun liegen die Ergebnisse vor. 

Ein nüchternes Fazit haben die Mitglieder des von der Politik eingesetzten Arbeitskreises Ärztehaus (AK) gezogen und den Ball nach über zweijähriger Arbeit an den Stadtrat zurückgespielt. Das Gremium werde seine Bemühungen nun erst einmal ruhen lassen, bis die Bergneustädter Bürgervertretung die weitere Vorgehensweise beschlossen habe, teilte AK-Leiter Heiner Grütz (SPD) dem Bürgermeister Matthias Thul und den Fraktionen mit.

Ärztehaus war schon Thema im Bergneustädter Wahlkampf 2020

Zur Erinnerung: Die künftige Ärzteversorgung in der Stadt hatte im Kommunalwahlkampf 2020 eine Rolle gespielt, die SPD brachte damals die Gründung eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) oder Ärztehauses in die Diskussion, um dem absehbaren Medizinermangel zu begegnen. Die damals wie heute gültige Idee dahinter bringt Grütz im Gespräch mit dieser Zeitung auf den Punkt: „Der Arzt soll endlich wieder Zeit haben, Arzt zu sein.“ Personal für Sprechstunden und Abrechnung etwa könnte man sich teilen.

Die genaue Ausgestaltung war zwischen den Parteien aber immer strittig. Soll die Stadt Bergneustadt ein solches Gemeinschaftshaus initiieren oder das lieber privaten Investoren überlassen? Sollen die Ärzte angestellt werden? Einig war sich der Stadtrat jedenfalls in der Sorge, dass die eigentlich für diese Frage zuständige Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein die Ärzteversorgung in Bergneustadt nicht mit der gleichen Motivation verbessern wird, wie die Menschen vor Ort selbst.

Die Situation der ärztlichen Versorgung ist bereits deutlich angespannt ist und wird sich in den kommenden Jahren dramatisch verschlechtern.
aus dem Bericht des Arbeitskreises an den Bergneustädter Stadtrat

Deshalb stimmten die Stadtverordneten im Herbst 2021 für den Arbeitskreis, um Möglichkeiten auszuloten. Die in der Stadt niedergelassenen Ärzte sollten unbedingt mit ins Boot. 2022 befragte der AK die Bergneustädter Ärztinnen und Ärzte etwa danach, wann sie in den Ruhestand zu gehen gedenken, im Jahr darauf stellte eine Unternehmensberatung die Vorzüge eines gemeinschaftlich organisierten Rahmens vor.

Grütz berichtet von einer „durchaus konstruktiven Atmosphäre“. Mit den Medizinern sei man sich durchweg einig gewesen, dass „die Situation der ärztlichen Versorgung bereits deutlich angespannt ist und sich in den kommenden Jahren dramatisch verschlechtern wird“, wie es in dem AK-Bericht an den Stadtrat heißt.

Allerdings: „Es ist uns bislang nicht geglückt, einen in der Stadt niedergelassenen Arzt zu finden, der mitmacht.“ AK-Leiter Heiner Grütz vermutet vor allem zwei Gründe: „Wer eine gut funktionierende Praxis hat, sieht nicht unbedingt die Notwendigkeit zur Veränderung.“ Größere Sorgen macht dem SPD-Stadtverordneten aber die zweite Variante. „Ärztinnen und Ärzte, die ohnehin in Kürze in den Ruhestand gehen, fragen sich vielleicht, warum sie sich überhaupt noch ein solches Projekt antun sollen.“ Trotzdem: Der Arbeitskreis und die Kontaktaufnahme zur lokalen Ärzteschaft sei ein „wichtiger erster Schritt“, findet Grütz.

Nun sei aber die Politik am Zug, der Stadtrat müsse abwägen. „Wenn ihm das Thema wichtig ist, könnte er den Auftrag zur Gründung eines Ärztehauses geben. Und dann müssten natürlich Ärzte gefunden werden, die mitmachen“, skizziert Heiner Grütz eine mögliche Option. Eine Erfolgsgarantie für ein solches Unternehmen gebe es indes nicht. „Das kann klappen, das kann aber genauso gut auch in die Hose gehen.“

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