NRW-Justizminister lobt BrorhilkerKündigung der Chef-Ermittlerin ist ein Schlag ins Gesicht – der Befreiungsschlag verpufft

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Benjamin Limbach (Bündnis 90/Die Grünen), Justizminister von Nordrhein-Westfalen

Benjamin Limbach (Bündnis 90/Die Grünen), Justizminister von Nordrhein-Westfalen.

Erst werden Kürzungspläne in der Justiz bekannt, am nächsten Tag spricht Limbach von Entlastung für Staatsanwälte. Proteste sind programmiert.

„Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.“ Mit dieser Feststellung kommentierte die Cum-Ex-Ermittlerin Anne Brorhilker ihre Kündigung bei der Kölner Staatsanwaltschaft in dieser Woche. Die Oberstaatsanwältin will ihre Expertise im Kampf gegen die Steuerhinterziehung künftig bei der „Bürgerbewegung Finanzwende“ zum Einsatz bringen. Die Top-Ermittlerin zieht den Job bei einem Verein dem Staatsdienst vor. Der Schritt macht deutlich, wie groß ihr Frust ist – und ist zugleich ein Schlag ins Gesicht der NRW-Justiz und ihres Chefs, Minister Benjamin Limbach.

Der hatte schon seit Monaten geplant, eine Offensive zur Verstärkung der Staatsanwaltschaften der Öffentlichkeit vorzustellen. Die zeitliche Nähe zur Kündigung von Brorhilker war also Zufall, aber sie passte Limbach gut ins Konzept. Er nutzte die öffentliche Bühne, um in die Offensive zu gehen. Der explizite Dank an die Ermittlerin und die Würdigung ihrer Arbeit war ein taktisch klug gewähltes Vorwort zur Ankündigung seines Maßnahmenpakets. So weit, so geschickt.

Proteste sind programmiert

Weniger gut ins Konzept passte es allerdings, dass die Deutsche Justizgewerkschaft zwei Tage vor der Pressekonferenz Pläne für Kürzungen im Justiz-Bereich entdeckt haben will. Danach soll von den angeblich geplanten Einsparungen insbesondere der mittlere Dienst betroffen sein, während der höhere Dienst verschont werden soll. Wenn das stimmt, sind scharfe Proteste – zum Beispiel bei den Gerichtsvollziehern – programmiert.

Limbach ist ein hochkompetenter und anerkannter Verwaltungsjurist, aber in der Politik ist er ein Seiteneinsteiger. Oft scheint es so, als würde ihm das nötige Fingerspitzengefühl fehlen. Seine Antwort auf die Frage, ob es zu den von der Gewerkschaft angekündigten Kürzungen tatsächlich kommen werde, klang jedenfalls eher wie eine Bestätigung als wie ein Dementi. Damit nahm Limbach dem geplanten Befreiungsschlag selbst die Wucht. Sollte es Einsparungen geben, darf nicht der mittlere Dienst einseitig darunter leiden. Wenn Limbach jetzt böses Blut unter den Laufbahngruppen sät, kommt er vielleicht nie mehr auf einen grünen Zweig.

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